Architektenrecht

 

Kostenlose Akquisitionsleistung eines Architekten oder gebührenpflichtige Vertragsleistung

Immer häufiger sind potentielle Bauherrn mit dem Problem konfrontiert, dass sie von einem Architekteneine Rechnungüber Planungsleistungen erhalten, obwohl sie mit dem Architektenkeinen Vertrag geschlossen haben und im Endeffekt das Bauvorhaben nicht realisiert oder einen anderen Architekten mit der Planung beauftragt haben.

Beispiel: Familie A will einen Anbau an das ererbte Einfamilienhaus errichten. Da sie weder Vorstellungen davon hat, wie dieser Anbau genau aussehen soll, noch wissen, ob ein solcher Anbau baurechtlich zulässig ist und ob sie sich diesen leisten kann, konsultiert sie den Architekten B, um sich “unverbindlich zu informieren”. B lässt sich die Wünsche der Familie erläutern, besichtigt das vorhandene Objekt und schätzt auf Grundlage der Fläche des geplanten Anbaus die Kosten.

 

Ein von B vorgelegter Architektenvertrag wird von Familie A nicht unterschrieben. Als die Familie A die Kosten von über 100.000 Euro erfährt, nimmt sie Abstand von dem Bauvorhaben, da es ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigt und teilt dies auch B mit. Trotzdem erhält sie einige Zeit später unverlangt einige Skizzen des Anbaus und dann, Monate später, eine Rechnung über zirka 3.000 Euro. In der Rechnung ist ausgeführt, dass sich nach HOAI (Honorarordnung für Architekten- und Ingenieure) ein Honorar in obiger Höhe, unter Berücksichtigung von Nebenkosten und Mehrwertsteuer, ergebe. Die Berechnung erfolgt bei Ansatz der Honorarzone III mit dem Mindestsatz (§ 11 Absatz 1 HOAI) und Erbringung der Leistungsphasen 1-3, auf Basis der anrechenbaren  Kosten  von 100.000 Euro netto. Familie A ist entsetzt, sie wollte sich doch nur “unverbindlich” informieren und nun diese Rechnung.

 

So oder ähnlich gelagerte Fälle häufen sich wahrscheinlich als Folge der schlechten Baukonjunktur und werfen für den potentiellen Bauherrn die Frage auf, welche Leistungen er denn beim Architekten bezahlen muss, beziehungsweise ab wann eine Leistung honorarpflichtig ist oder zum Zwecke der Akquisition (Werbung) kostenfrei erbracht wird.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Bauherr nicht darauf vertrauen kann, er müsse die Leistungen eines Architekten erst dann bezahlen, wenn er mit diesem einen schriftlichen Vertrag geschlossen hat.

Ein Architektenvertrag muss nicht schriftlich geschlossen werden. Ebenso falsch ist die Meinung, jede Leistung des Architekten sei vergütungspflichtig und somit der Vertrag bereits geschlossen, wenn der Planer konsultiert wird. Denn dieser kann zunächst auch werbend tätig werden, eine so genannte Akquisitionsleistung erbringen

Gerichte haben entschieden, dass Planungsarbeiten für ein Einfamilienhaus zur Werbung eines Architekten gehören und nicht vergütet werden, wenn kein Architektenvertrag geschlossen wird (Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Neue Juristische Wochenschrift -RR 1986, 1280). Erstellt der Architekt daneben Skizzen für die Vorplanung, so sei dies eine vorbereitende Tätigkeit für den erhofften Abschluss eines umfassenden Architektenauftrages, die unentgeltlich sei (Kammergericht BauR 1988, 622).

Insoweit scheint Familie A auf der sicheren Seite zu sein, die Leistung von B ist eine unentgeltliche Akquisitionsleistung.

Aber wie schmal der Grad ist, zeigen alternativ zwei marginale Abweichungen beim Sachverhalt.

  1. Rnd-Nummer 94). Führt B im Einverständnis mit Familie A für die Frage der Zulässigkeit eines Anbaus Verhandlungen mit dem Grundstücksnachbarn, um die Grenzbebauungsfähigkeit des Grundstücks zu klären und zeichnet die hierfür erforderlichen Pläne, so liegt hierin ein Aufrag für die ersten beiden der insgesamt neun Leistungsphasen, in die die HOAI die Leistungen eines  Architekten unterteilt (OLG Frankfurt, NJW-RR 1987, 535). Insoweit würde auch die Bezeichnung “unverbindlich” der Inanspruchnahme des Architekten nicht dazu ausreichen, die Vereinbarung einer Kostenlosigkeit der Leistungen anzunehmen, wenn nicht weitere besondere Umstände hinzutreten(OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 1172).

    Eine Rechnung von Architekt B für Leistungsphase 1 und 2 wäre berechtigt. Gefallen Familie A Details, zum Beispiel der Fassade in der zeichnerischen Lösung in den unaufgefordert zugesandten Plänen von B und realisieren sie später doch das Vorhaben ohne Beteiligung von B und gestalten die Fassade so, wie von B entworfen, so machen sie von den Plänen Gebrauch und lösen  dadurch eine Vergütungspflicht aus. Sobald der Bauherr von den Plänen  des   Architekten  Gebrauch macht, wird dessen Angebot auf Abschluss des Vertrages angenommen und der Architektenvertrag mit allen Rechtsfolgen ist  geschlossen (Thode / Wirth / Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht § 4


Der Architekt kann auch hier eine Vergütung seiner Leistung verlangen.

Tipp:  Legen Sie mit dem Architekten direkt und schriftlich fest, welche Leistungen er für Sie erbringen soll und wie diese vergütet werden, etwa durch den Hinweis, dass die Grundlagenermittlung und Vorplanung (Leistungsphasen 1 und 2) erst dann vergütet werden, wenn das Bauvorhaben mit dem Architekten realisiert wird.



 
Rechtsanwalt Franz Josef Besgens

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